Zu dem Dilemma wenn Klima, Schädlinge und Gesetze im Obstbau aufeinandertreffen

Manfred Kohlfürst zu Gast im „Land schafft Leben“-Podcast

Ein Artikel von Polona Globocnik, Manfred Kohlfürst | 08.05.2025 - 14:33

Obst und Gemüse schützen oder lieber importieren?

In dieser Folge wurden zahlreiche ­Themen rund um die Obst- und Gemüsebranche diskutiert – von hohen Lohnnebenkosten bis zur Herkunftskennzeichnung. 

Der Schwerpunkt lag jedoch auf dem derzeit brennendsten Thema in der Produktion, dem Pflanzenschutz. Manfred Kohlfürst schilderte anhand vieler Beispiele aus der Praxis die teils skurrile Realität der aktuellen Zulassungs-Situation. So berichtete er etwa von österreichischen Radieschen, die bei einem Lebensmittelhändler ab Sommer aufgrund von Qualitätsminderungen, die als Folge von fehlenden Pflanzenschutzmitteln auftreten, ausgelistet werden oder von unterschiedlichen Standards beim Einsatz desselben Pflanzenschutzmittels im Obstbau innerhalb verschiedener EU-Mitgliedstaaten. Auch erzählte er von einem Betrieb, der ganzjährig zehn MitarbeiterInnen beschäftigt, die in Vollzeit Wanzen von den Pflanzen absammeln. Gleichzeitig erklärte Kohlfürst, warum Pflanzenschutz in der pflanzlichen Produktion überhaupt notwendig ist, und dass die Landwirtinnen und Landwirte selbstverständlich bemüht sind, so wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich einzusetzen. 

Obwohl heutzutage die Vermarktung häufig über Erzeugerorganisationen oder Vermarktungspartner läuft, darf man sich als ProduzentIn nicht ganz aus der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit herausnehmen. Wer im Winter in Wien die Einkaufswägen in den Supermärkten beobachtet, wird feststellen, dass diese trotz Schneesturm mit Heidelbeeren, Tomaten, Jungzwiebeln und vielen weiteren nicht saisonalen Produkten gefüllt sind. Als jemand, der in der Landwirtschaft tätig ist, kann man da oft nur den Kopf schütteln – denn viele Menschen wissen schlichtweg nicht, was saisonal und regional ist. Wir versuchen, den KonsumentInnen Inhalte zu vermitteln, die wir selbst spannend finden, vergessen dabei aber manchmal, dass deren Wissenstand ein völlig anderer ist – ohne wertend sein zu wollen ist es leider Realität, dass viele Konsumenten Salat nicht von Kraut unterscheiden können. 

Deshalb ist es entscheidend, dass wir erklären, warum Pflanzenschutz eingesetzt wird, warum Erdbeeren im Winter und Spargel im Oktober nicht zur Saison passen und warum heimische Äpfel im Vergleich zu importierten Bananen viele Vorteile bieten. Das betrifft auch verarbeitete Produkte: Wenn Gäste zu Besuch sind, sollte man bewusst zu regionalen Säften greifen und nicht zu Billig- oder auch Markenprodukten mit unklarer Herkunft. 

Es ist schwierig, etwas glaubwürdig zu kommunizieren, wenn man es nicht selbst lebt. Gerade wir selbst sind die besten Botschafter unserer Produkte. Da es immer weniger aktive Landwirt­Innen gibt, wird unsere Sichtweise zunehmend schwächer vertreten. Umso wichtiger ist es, dass unsere Anliegen nicht nur in der Politik, sondern auch in der Gesellschaft Gehör finden. Interessenvertretung passiert nicht nur auf höchster (politischer) Ebene, sondern wird maßgeblich durch öffentliche Meinung und gesellschaftliche Debatten geprägt. Was passiert, wenn die Gesellschaft nicht mitzieht, zeigt sich etwa bei den neuen genomischen Verfahren: 

Trotz wissenschaftlicher Fortschritte blockiert die öffentliche Meinung viele Entwicklungen. Lassen wir nicht zu, dass Ähnliches beim Thema Pflanzenschutz passiert. Reden wir darüber, teilen wir unsere Erfahrungen und Beispiele aus der Praxis! 

Als Anregung und Inspiration gibt es hier die Podcast-Folge von Land schafft Leben zum Nachhören:

https://www.youtube.com/watch?v=YZd-DTPhc64