Was sind die HauptKritikpunkte?
Kritisiert wird insbesondere, dass die zukünftige Ausgestaltung der GAP nicht mehr in Brüssel erfolgen soll und die Kommission beabsichtigt, lediglich allgemeine Rahmenbedingungen vorzugeben. Die konkreten Pläne zur Mittelverteilung an die Landwirte sollen hingegen auf nationaler Ebene erarbeitet werden. Damit droht eine noch stärkere Fragmentierung der gemeinsamen Agrarpolitik, obwohl die landwirtschaftlichen Produkte weiterhin auf einem gemeinsamen Binnenmarkt gehandelt werden.
Die Mittelstruktur wurde dabei grundlegend verändert. Ein direkter Vergleich mit der vorherigen Förderperiode ist aufgrund der Umverteilungen schwierig. Laut der European Association for Innovation in Local Development beliefen sich die Mittel der ersten Säule in der Periode 2021–2027 auf 291 Milliarden Euro. Für die Jahre 2028–2034 sind nun 261 Milliarden Euro vorgesehen. Unter Berücksichtigung der Inflation der letzten Jahre fällt der reale Rückgang noch deutlicher aus. Zudem sollen aus der ersten Säule künftig auch andere Bereiche wie die Fischerei oder bestimmte Maßnahmen der bisherigen zweiten Säule finanziert werden. Auch die zweite Säule wird stark umgestaltet. Während derzeit im Durchschnitt etwa 92 Prozent der Mittel der Landwirtschaft zugutekommen, sollen diese Gelder künftig auch für andere Ziele wie z. B. regionale Entwicklung eingesetzt werden können.
Darüber hinaus sieht der Vorschlag einige strukturelle Neuerungen vor. Nach jahrzehntelangen Diskussionen ist erstmals eine EU-weite Degression und Deckelung (Capping) der Direktzahlungen vorgesehen. Bereits ab 20.000Euro an flächenbezogener Einkommensstützung sollen die Zahlungen schrittweise gekürzt werden; ab 100.000Euro greift eine Obergrenze. Diese Regelung soll für alle Betriebe einer natürlichen oder juristischen Person gelten.
Zukünftig sollen außerdem nur noch „aktive Landwirte“ förderfähig sein – wobei die Definition den Mitgliedstaaten überlassen bleibt und auch Nebenerwerbsbetriebe umfassen soll, was wir begrüßen. Positiv ist auch die geplante verstärkte Unterstützung für Junglandwirte zu bewerten. Kritisch sehen wir jedoch die geplante Einstellung der Direktzahlungen an Personen im Ruhestand. In vielen Fällen ist die Hofnachfolge nicht gesichert – immer wieder fehlt es schlicht an Interessierten, die bereit wären, einen Betrieb weiterzuführen.
Die Kommission verspricht zudem eine umfassende Vereinfachung der GAP – unter anderem durch weniger Detailvorgaben, mehr Pauschalzahlungen sowie harmonisierte Regelungen. Solche Ankündigungen freuen uns und wir hoffen, dass wir sie dieses Mal auch in der Praxis zu spüren bekommen. Auch die Umweltauflagen für den Erhalt der Direktzahlungen sollen vereinfacht und teilweise reduziert werden.
Weitere geplante Instrumente, wie die Fortführung der Zahlungen für benachteiligte Gebiete oder neu eingeführte Kompensationen für zusätzliche Auflagen, begrüßen wir grundsätzlich. Aufgrund der insgesamt reduzierten Mittel halten wir deren umfassende Wirksamkeit jedoch für fraglich.
Die Vorschläge der Kommission sind noch nicht endgültig. Mit dem vorgelegten Finanzrahmen setzt sie gerade zu Beginn eines neuen Gesetzgebungszyklus und angesichts des EU-Mercosur-Abkommens ein deutliches Signal – das Vertrauen der Landwirtschaft steht damit auf dem Spiel. In den kommenden Monaten werden Europäisches Parlament und Mitgliedstaaten das Paket intensiv beraten. Sobald alle Details bekannt sind, werden wir eine klare Position beziehen und den Dialog mit den Entscheidungsträgern suchen, um eine substanzielle Überarbeitung der Kommissionsvorschläge zu erreichen.