Handel

Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln 2020 deutlich gestiegen

Ein Artikel von Redaktion | 21.02.2021 - 06:47

190 Euro hat ein Haushalt im vergangenen Jahr durchschnittlich für frische Bio-Lebensmittel (exkl. Brot und Gebäck) im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ausgegeben, wie aktuelle Zahlen des Haushaltspanels der Agrarmarkt Austria (AMA) zeigen. Das sind um 33 Euro mehr als 2019. Die eingekaufte Menge stieg dabei um 17%, die Ausgaben erhöhten sich sogar um 23%. 2020 wurde auch erstmals die Schallmauer von 10% Bio-Marktanteil an den gesamten Lebensmitteleinkäufen im LEH durchbrochen. Wertmä ßig beträgt die Summe über 713 Mio. Euro, die heimische Haushalte 2020 insgesamt für Bio-Lebensmittel im Lebensmitteleinzelhandel ausgaben. Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, und Gertraud Grabmann, Obfrau des Verbandes Bio Austria, begrüßten heute die Entwicklungen in einer Online-Pressekonferenz anlässlich der "Biofach", der Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, und "Vivaness", der internationale Fachmesse für Naturkosmetik, die noch bis 19. Februar 2021 anstatt in den Messehallen in Nürnberg ausschließlich in digitaler Form abgehalten werden. Aus Österreich nehmen an die 40 Aussteller daran teil.

"Corona konnte das stetige Wachstum von Bio nicht stoppen. Ganz im Gegenteil: Die Menschen sind jetzt noch sensibler für die Qualität von Lebensmitteln. Davon profitieren Bio-Produkte besonders", erklärte Blass. "Immer mehr Konsumenten wissen ganz einfach, dass ökologische Nachhaltigkeit eine Kernkompetenz der biologischen Landwirtschaft ist. Und in der Corona-Krise hat sich der Wunsch nach umweltschonend hergestellten, gesunden Bio-Lebensmitteln noch einmal deutlich verstärkt", stellte Grabmann fest.

Wie aus den Zahlen des AMA-Haushaltspanels - in dem 2.800 österreichische Haushalte ihre Einkäufe im LEH aufzeichnen - hervorgeht, greift bei einer Käuferreichweite von 97% fast jeder in Österreich zu Lebensmitteln in Bio-Qualität. Bei durchschnittlich 42 Einkäufen im Jahr 2020 wurde eine Menge von 50 kg Bio-Lebensmitteln erworben. Das bedeutet seit 2016 fast eine Verdoppelung der Menge. Sowohl die Einkaufshäufigkeit als auch die eingekaufte Menge an Bio-Produkten stiegen im vergangenen Jahr stark. Zwei Drittel der Bio-Produkte werden im klassischen Lebensmitteleinzelhandel gekauft und ein Drittel im Diskont.

Die Liste der am häufigsten gekauften Bio-Produkte wird von Milch angeführt, gefolgt von Naturjoghurt, Eiern, Erdäpfeln, Frischgemüse und Obst. Auch bei Bio-Fleisch sowie -Geflügel wurden ambitionierte Steigerungsraten, wenn auch auf niedrigem Niveau, registriert. Zuwächse gab es auch bei Bio-Wurst und -Schinken.

14% der Konsumenten wollen künftig mehr Bio-Lebensmittel konsumieren

Laut AMA-Marketing-Motivforschung, in der Einkaufsverhalten und Ernährungstrends erhoben werden, gehört gutes Essen für drei Viertel der Befragten zum richtigen Lebensstil. Die Menschen sagten, dass sie sich für gesunde Ernährung interessieren, gleichzeitig aber häufig nicht ausreichend Zeit haben, das zu essen, worauf sie Lust haben. 43% gaben an, dass sie am liebsten Bio-Produkte essen, was eine deutliche Steigerung gegenüber der Auswertung im Jahr 2017 bedeutet. "Auch beim Fleisch gibt es eine deutliche Orientierung in Richtung Qualität", erklärte Blass.

Drei Viertel der Konsumenten möchten gleich viel Bio kaufen als bisher, 14% wollen künftig sogar mehr davon konsumieren. "Die Ergebnisse bestätigen, dass die Krise die Menschen nachhaltig sensibel für die Güte von Lebensmitteln gemacht hat", zeigte sich Blass optimistisch.

26% Bioflächen in Österreich

International liegt Österreich beim Bio-Anteil am Lebensmittelmarkt an dritter und beim Pro-Kopf-Verbrauch von Bio-Lebensmitteln an vierter Stelle, zeigt das statistische Jahrbuch "The World of Organic Agriculture 2021" vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und der Internationalen Vereinigung der biologischen Landbaubewegungen (IFOAM). Nur in Dänemark, der Schweiz und Luxemburg wurde ein höherer Pro-Kopf-Bioverbrauch ausgemacht. Beim Bio-Flächenanteil liegt Österreich mit über 26% beziehungsweise 677.216 ha an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche im internationalen Vergleich hinter Liechtenstein (41%) auf Platz zwei.

In Österreich wirtschaften derzeit 24.457 Höfe nach den Kriterien der Bio-Landwirtschaft, das sind knapp 23% aller heimischen landwirtschaftlichen Betriebe. Seit 2015 ist die biologisch bewirtschaftete Fläche in Österreich um 23% gewachsen. Im selben Zeitraum sind 3.700 neue Bio-Betriebe dazugekommen, was einem Zuwachs von 18% entspricht, zitierte Grabmann aktuelle Zahlen des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT). Im Bundesländer-Ranking hat Salzburg mit 50% Bio-Betrieben in Österreich die Nase vorn, gefolgt von Wien mit 30% und dem Burgenland mit 27%. Auch bei der Fläche liegt Salzburg mit 59% vor dem Burgenland mit 37% und Wien mit 35% an der Spitze.

Gegliedert nach Kulturen wurde hierzulande der höchste Bio-Anteil bei Obstanlagen mit knapp 37% registriert. Dahinter liegen Dauergrünland mit 33%, Ackerflächen mit knapp 21% sowie Weingärten mit 16%. "Die Entwicklung seit dem Jahr 2015 weist ein Plus von 73% im Bereich der Obstanlagen auf", erklärte Grabmann. Diese Bio-Flächen haben damit am stärksten zugelegt. Der Anteil von Bio-Weingärten ist im selben Zeitraum um 57% und jener von Bio-Ackerflächen um 40% gewachsen.

Grabmann befürchtet Wertschöpfungsverlust für heimische Bio-Landwirtschaft

Grabmann erwartet keine gravierenden Veränderungen der Bio-Betriebs- und -Flächenzahlen für Österreich in den nächsten Jahren, da mit dem laufenden ÖPUL-Programm seit 2019 kein Neueinstieg beziehungsweise Umstieg in die Bio-Förderung möglich ist. Ein Ein- oder Umstieg in Bio sei ohne Fördermittel nur auf geringem Niveau zu erwarten, erneuerte Grabmann ihren Wunsch nach einem kontinuierlichen Bio-Anstieg im Zuge des ÖPUL-Programms ohne jahrelange Pausen. Denn nach aktueller ÖPUL-Praxis stagniere die Zahl der heimischen Bio-Betriebe und -Flächen, geht die Obfrau von Bio-Austria von einem potenziellen Wertschöpfungsverlust für Österreich im internationalen Wettbewerb aus. Während die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln weiterhin wachse, werde sich hingegen die Bio-Produktion in Österreich nicht entsprechend mitentwickeln können, monierte Grabmann.

Die neue, günstigere Bio-Schiene von Rewe sieht die Bio Austria-Obfrau weniger kritisch. Ist in der neuen Vermarktungslinie von weltweiten Bio-Produkten die EU-Bio-Verordnung die Basis, so sind heimische Bio-Qualitätserzeugnisse häufig mit den strengeren Bio-Austria-Standards hinterlegt. "Es wird beides Platz haben", so Grabmann. Weniger Verständnis zeigt sie hingegen für die Verhandlungen des BMLRT über die künftige Ausgestaltung der biologischen Wirtschaftsweise, für die nur noch ein Managementzuschlag in der Maßnahme "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (UBB)" im Rahmen des ÖPUL vorgesehen sein soll. "Ein Managementzuschlag ist für uns nicht der Weg, wie wir Bio in Österreich weiterentwickeln wollen. Die Mehrleistungen, etwa für Umwelt, Klima, Biodiversität etc., werden darin nicht berücksichtigt und müssen abgegolten werden", forderte Grabmann. 

Quelle: aiz.info