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Spannende Einblicke in die Obstbautradition im Osten Deutschlands

Ein Artikel von Redaktion | 14.08.2019 - 10:54

Eine Gruppe Tiroler Obstbauern zog es Ende Juli auf Einladung von Frau Monika Möhler (LVG Erfurt) und Herrn Dr. Alfred Trapp (SMUL) in den Osten Deutschlands, nach Erfurt und Dresden. Die Fachfahrt bot einen kulturellen und fachlichen Einblick in den ostdeutschen Obstbau.

Ein Bericht von DI Klemens Böck, LK Tirol

Eröffnet wurde das Fachprogramm mit dem Besuch der LVG Erfurt, welche am Rande der Landeshaustadt des Freistaates Thüringen liegt. Sie ist zentrales Obst- und Gartenbauliches Forschungs- und Ausbildungszentrum der Region. Geologisch gilt das Erfurter Becken als sehr trockener und wasserarmer Standort mit einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von nur knapp 500 mm. Aufgrund dieser Gegebenheiten liegt der Forschungsschwerpunkt seit jeher im Bereich der Bewässerungstechnik und Trockenheitstoleranz, wie Frau Möhler berichtete. Am Versuchsbetrieb wird jegliches Wasser aller Dach- und Gewächshausflächen für Bewässerungszwecke gesammelt. Am Modell eines Nützlingshauses gab Monika Möhler den ExkursionsteilnehmerInnen praktische Tipps und bei frischen Kirschen konnte über ak-tuelle Versuchsergebnisse diskutiert werden.

Nächstes Ziel war das Julius Kühn Institut (JKI) in Dresden. Bekannt ist es unter anderem für seine Züchtungsforschung im Bereich resistenter Apfelsorten. Für die Züchtung stehen rund 45 ha an Fläche zur Verfügung. Frau Dr. Höfer führte uns durch das mit rund 750 Apfel-Sorten bestückte Apfel-Genbank-Quartier und zeigte uns die enorme Vielfalt des Wildapfelquartiers. Wie schwierig die Züchtung einer neuen Apfelsorte in der Praxis ist, erklärte sie anhand der im Regelfall 20–40 Jahre dauernden Arbeit bis zur Vollendung einer einzelnen neuen Sorte. Während dieser Zeit wurden tausende ungeeignete Kombinationen aussortiert, bis am Ende eine neue Sorte mit gewünschten Eigenschaften steht. Für die Forschungsstelle gilt es daher als Erfolg, wenn alle 20 Jahre zumindest eine neue Sorte entstand. Wie vorausschauend ein Züchter agieren muss, um die zukünftigen Erfordernisse an Klima, Schädlinge und Markt erahnen zu können, beeindruckte die TeilnehmerInnen besonders.

Betriebsbesichtigungen mit interessanten Einblicken
Anschließend besuchten wir den Direktvermarktungsbetrieb Menzel. Der 1991 gegründete Betrieb entstand aus einem Volksbetrieb der DDR. Der Betriebsleiter Menzel modernisierte den Betrieb und stieg sofort in die Direktvermarktung mittels Hofläden ein. Inzwischen arbeiten auch beide Töchter voll im Betrieb mit. Die Anbauflächen stehen unter Hagelschutznetz, Wasser ist zwar für eine Tröpfchenbewässerung, aber nicht für den Frostschutz vorhanden. Die Themen Arbeitskräfte sowie die Preisgestaltung stellen eine große Herausforderung für den Betrieb dar. Dank eigener Vermarktung findet dieser bislang trotz günstiger Preise aber sein Auskommen.

Als nächstes Ziel stand die Bio-Obst GmbH Baderitz am Programm. Aus einem Volksbetrieb hervorgegangen, bewirtschaftet der Betrieb rund 300 ha Fläche biologisch. Wurde ursprünglich hauptsächlich Verarbeitungsobst produziert, gibt es inzwischen einen wachsenden Anteil an Tafelobstproduktion. Aus Kostengründen wurde die Einzelreihen-Hagelschutzeinnetzung nur einseitig in Richtung des Haupthagelschlags montiert. Das Betriebsleiterehepaar führte uns durch die Anlagen und gab breitwillig Auskunft zu allen Aspekten der Bewirtschaftung und der Betriebsentwicklung Der Nutzen von Blühstreifen als Nützlings-Reservoir und der Einsatz mechanischer Bodenbearbeitungsgeräte wurde intensiv in der Gruppe diskutiert.

Nach kurzer Fahrt ging es weiter zum Obsthof Geißler nach Freital. Nach der Wende entstanden, konnte sich der Betrieb mit rund 40ha aus einer Erzeugerorganisation herauslösen. Mit der neuen Selbständigkeit wurde auf Direktvermarktung und Selbstpflücke umgestellt. Inzwischen vermarktet der Betrieb über 100 t Äpfel in Selbstpflücke, betreibt rund 5 Verkaufsstellen im Umkreis von 100 km und kann dadurch Kunden regelmäßig an den Hof bringen. Seit 2013 werden sukzessive Hagelschutznetze nachgerüstet. Im Selbsterntefeld herrscht oft enormer Andrang, so dass trotz 4 Kassen lange Wartezeiten entstehen. Am Betrieb gelingt es, gute Verkaufspreise von knapp 1 € in Selbstpflücke je Kilogramm Apfel zu lukrieren.

Der letzte Betrieb der Lehrfahrt war das Gut Pesterwitz in Freital. Betriebsleiter Herr Folde begrüßte uns aufs Herzlichste und führte uns bei einem Schluck guten Weins durch den Hof und in die Obstanlagen. Mitten im Weinberg konnten wir den Abend bei einer Weinverkos-tung in wunderbarem Ambiente ausklingen lassen.

Und zuletzt: eine interessante Stadtführung durch Dresden
Dr. Alfred Trapp führte uns im Rahmen einer spannenden Stadtführung durch Dresden und konnte uns auf unterhaltsame Weise viel spannendes Wissen mitgeben. Unser Dank gilt allen Betrieben für die herzliche Aufnahme und die spannenden Gespräche. Ein ganz spezieller Dank gilt zudem Herrn Dr. Trapp für die perfekte Betriebsauswahl sowie die vielen interessanten Anekdoten und Gespräche während unseres Aufenthalts in Dresden.