Biodiversität

Wildobst hat in Zeiten des Klimawandels Potenzial

Ein Artikel von Redaktion | 09.08.2024 - 06:59
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Wildobstarten wie der Speierling sollen gezielt gefördert werden © BFW/Heino Konrad

Das sogenannte Wildobst sorgt für mehr Biodiversität im Wald und liefert wertvolles Holz. Außerdem kommen Wildobstbäume sehr gut mit den Klimaveränderungen klar. Das weiß auch Stefan Weißensteiner aus Weyer. Der Waldbesitzer und gelernte Tischler beschäftigt sich seit rund 40 Jahren mit Versuchsaufforstungen, unter anderem auch von Wildobstarten. In seinem Wald befinden sich über 140 verschiedene Strauch- und Baumarten. Bereits vor 25 Jahren pflanzte der Laubholzfan die äußerst seltene Baumart Speierling. Mit weniger als 500 erwachsenen Individuen ist der Speierling die seltenste Baumart Österreichs. Aus seiner Erfahrung heraus weiß der Tischler, dass das Holz von Wildobst gefragt ist und auch teuer verkauft werden kann. Bei einer Versteigerung erzielte ein Stamm mit 57 Zentimeter Durchmesser und fünf Meter Länge einen Preis von über 2.000 Euro. Für einen Fichtenstamm wären es hier nur etwa 1.200 Euro gewesen. Nach oben hin gibt es hier aber keine Preisgrenze.
 
Im Rahmen des österreichweiten Bildungsprojektes „Wir schauen auf unsere Wälder“ fand kürzlich eine Veranstaltung zum Thema „Wildobst als Chance im Klimawandel“ statt. Veranstaltungsort war die Drechslerei von Stefan Weißensteiner. Bei der Exkursion in den Wald der Familie Weißensteiner wurden die Versuchsaufforstungen mit den klimaresistenten Wildobstarten besichtigt. Weißensteiner verarbeitet das Holz in seiner Drechslerei und Tischlerei auch zu diversen Produkten.

Projekt „Wir schauen auf unsere Wälder“

Bei dem Projekt „Wir schauen auf unsere Wälder“ machen in Österreich bereits 800 Waldbewirtschafter mit. In Oberösterreich sind es 43 Betriebe, darunter auch Stefan Weißensteiner. Das Projektteam rund um das Österreichische Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung hilft Waldbewirtschaftern dabei, die Vielfalt in den eigenen Wäldern bewusst neu zu erleben. Die spannendsten Beobachtungen und die neuesten Erkenntnisse werden dann von Waldbewirtschafter zu Waldbewirtschafter weitergegeben. Auch die Forstberater der Landwirtschaftskammer Oberösterreich sind Teil des Projekts. Sie beraten Waldbesitzer bezüglich der Artenvielfalt in ihrem Wald. „Dieses Projekt ist eine große Chance, um die biologische Vielfalt zu erhalten und gleichzeitig wichtig für den Umbau des Waldes in Richtung klimafitte Bestände. In Zukunft könnte die wirtschaftliche Bedeutung der Wildobstbäume deutlich zunehmen. Um den Umbau des Waldes für eine klimafitte Zukunft zu fördern, unterstützt die Landwirtschaftskammer OÖ das Projekt ,Wir schauen auf unsere Wälder‘“, erläutert Franz Waldenberger, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Aktuelle Wildobstbestände weit verstreut

Um Wildobst erfolgreich in den Wald zu bringen, braucht es genügend geeignetes und hochwertiges Saatgut. Die Bestände sind oft weit voneinander entfernt, wodurch die Bäume keine geeigneten Bestäubungspartner finden. Möglicherweise sind diese Bestände dadurch genetisch verarmt. Im Rahmen eines Projektes vom Bundesforschungszentrum für Wald werden bestehende Bestände kartiert und die Genetik analysiert. So wird untersucht, welche Bäume sich für die Samenernte eignen. Durch das geeignete Saatgut können weit voneinander entfernte Bestände wieder vernetzt werden. Es wird auch erforscht, in welcher Region welcher Samen verwendet werden kann. So kann der Baum auf einem geeigneten Standort heranwachsen.

Wildobstarten für den klimafitten Wald - Wildbirne: Eine Randbaumart

Die Wildbirne mag helle und trockene Standorte, sie ist sehr lichtbedürftig und wächst daher gerne an Bestandesrändern. Im Bestand kann sie schnell von anderen Bäumen überwachsen werden, daher braucht sie viel Pflege. Die Früchte dienen Tieren als Nahrung. Das Holz der Wildbirne hat eine schöne Färbung und kann als Furnierholz, für Intarsien oder den Instrumentenbau (z.B. Blockflöte) verwendet werden. Sie erzielt am Markt durchaus hohe Preise.

Speierling: die seltenste Baumart Österreichs

Der Speierling ist die seltenste Baumart Österreichs, es gibt weniger als 500 Individuen die über 50 Jahre alt sind. Das Holz ist überaus vielseitig einsetzbar. Es ist sehr hart und das schwerste europäische Laubholz. Die Früchte und Samen werden gerne von Tieren gefressen, daher vermehrt sich die Baumart eher schlecht. In der Regel muss der Speierling gepflanzt werden. Er ist licht- und wärmebedürftig, langsam wachsend, konkurrenzschwach und anfällig gegen Wildverbiss. Der Speierling besiedelt neben steinigen oder reinen Ton- und Lehmböden auch rohe Böden, sofern sie ausreichend nährstoffreich sind. Er braucht also auch die richtige Pflege. Das Gehölz ist ein Tiefwurzler mit weitstreichenden Seitenwurzeln. Der Speierling ist nicht spätfrostanfällig. Kultivierte Exemplare in Kopenhagen zeigen, dass er auch erstaunlich kälteresistent ist und Temperaturen unter Minus 30 Grad Celsius erträgt.

Elsbeere: Früchte als Nebennutzen

Die Elsbeere findet man vermehrt im Osten Österreichs. Das „Elsbeerreich“ befindet sich auf einer Seehöhe von 300 bis 900 Meter. Die Bäume bevorzugen kalk- und lehmhaltige, trockene Böden. Sie sind wärmeliebend und empfindlich gegen starken Frost. Wie der Speierling ist die Elsbeere ein Tiefwurzler. Die Früchte sind essbar und haben einen hohen Vitamin C-Gehalt. In der Regel trägt die Elsbeere alle zwei bis drei Jahre Früchte. Das äußerst harte und maßhaltige Holz der Elsbeere ist ausgesprochen wertvoll und wurde früher für Schullineale und Pressspindeln herangezogen. Es findet aber auch im Instrumentenbau Anwendung.
 
Die Pflanzung der seltenen Baumart Elsbeere wird im Rahmen des Waldfonds und der ländlichen Entwicklung gefördert. Es können bis zu 100 Stück pro Hektar mit Standardkosten von 6,80 Euro gefördert werden. Das Österreichische Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) bietet immer wieder Veranstaltungen zum Thema Biodiversität und Wald an.
 
Bäuerliche Waldbesitzer können zum sogenannten Servicebetrieb werden und als solcher die Biodiversität in ihrem Wald dokumentieren. Informationen dazu gibt es beim zuständigen Forstberater in der Landwirtschaftskammer OÖ.

Quelle: aiz.info